New Work, Prekarisierung oder die Neuerfindung der Arbeitswelt
Die Digitalisierung und die damit verbundenen Herausforderungen und Auswirkungen auf die Wirtschaft und das private Lebensumfeld erfordern eine breite Digitalkultur, Offenheit und Mut. Wir befinden uns bereits jetzt in einem Zustand des permanenten Wandelns. Die moderne Arbeitswelt erfährt einen Strukturwandel, der sich weltweit immer weiter beschleunigt und eine neue Ära der Arbeitsorganisation einleitet. Das „Was“ und „Wie“ wir in den kommenden Jahren arbeiten werden betrifft uns alle.
Für mich ist die Frage, wieweit sich das Wesen der Arbeit verändern wird einer der zentralen Aspekte der digitalen Transformation. Und das im positiven Sinne. Neue Technologien, Globalisierung und demographischer Wandel verändern die Arbeitswelt drastisch. Das ist verunsichernd und faszinierend zugleich. Es schafft vor allem neue Herausforderungen und neue Chancen.
Einschlägige Studien, renommierte Wissenschaftler und Gesellschaftstheoretiker prognostizieren, dass zig Millionen Menschen bis Mitte dieses Jahrhunderts ihre Arbeit verlieren werden. Automatisierung, Informations-technologie, Internet, künstliche Intelligenz, Robotik und Rationalisierung steigern die Prozesseffizienz, somit die Produktivität und machen dadurch viele Arbeitsplätze überflüssig. Und dies nicht nur in der Produktion, sondern auch beispielsweise im Dienstleistungssektor, in der Logistik und selbst in Berufen wie Anwälten, Übersetzern oder Journalisten. Intelligente Technologien ersetzen die „Wissensarbeit“ dieser Berufssparten.
Im Gegenzug dürften aber auch viele Arbeitsplätze neu geschaffen werden. Nämlich dort, wo es gilt, intelligente Technik zu steuern und zu betreuen. Und ein sogenannter Soft-Skill wird zukünftig zum entscheidenden Faktor: Kreativität. Körperlich anstrengende Arbeit wird nahezu durch die Automatisierung abgelöst. Und da liegt die Krux: es wird darauf hinauslaufen, dass es die einen hochqualifizierten Fachkräfte gibt und die anderen „Arbeiter“, die im Niedriglohnbereich tätig sind. Und aus diesem Grunde befürchten viele eine Prekarisierung. Dieses Thema wird weltweit antonym und intensiv diskutiert. Die Hauptaufgabe der Unternehmen wird zukünftig noch stärker darin liegen, mit dem Wissen, der Kreativität und der Innovationskultur ihrer Mitarbeiter klug und sorgfältig umzugehen.
Schon heute ist die Shareconomy ein elementarer Bestandteil der Wirtschaft und geht weit über die Teilkultur in den sozialen Netzwerken hinaus. Auto- und Fahrradsharing, Sharing Dienste für private Zimmer, Personen-beförderung, ja selbst für Kleidung, Werkzeug und Spielzeug breiten sich immer weiter aus und werden immer mehr genutzt. Und zwingen somit etablierte Branchen in die Knie, was sich schon sehr früh am Beispiel der Musikindustrie aufzeigen lässt.
Neulich las ich die Bezeichnung „die Weisheit der Vielen“. Ich habe leider vergessen wo. Der Urheber möge mir die fehlende Quellenangabe hier verzeihen. Aber diese Umschreibung trifft es auf den Punkt. Der Umgang mit Wissen und Kreativität, mit „Besitztum“ erfährt einen Paradigmenwechsel. Die nie dagewesene Vernetzung Einzelner über das Internet beeinflusst alle Branchen und jedes einzelne Unternehmen. Neue Märkte entstehen – und somit auch neue Arbeitsmodelle und -plätze. Das stellt Gewohntes in Frage, was Ängste schürt. Sicherheitsverlust, Prekariat, Billiglöhne – das wird uns heute und morgen weiterhin beschäftigen. Jedoch sollten wir uns im Transformations-prozess vor allem offen zeigen und Freiräume zulassen.
Ich gehöre zu einer Generation, die nicht mit dem Internet aufgewachsen ist. Ich werde den Rest meines hoffentlich langen Lebens vermehrt mit Menschen zu tun haben, die eine Welt ohne Internet nicht kennen. Und somit denke ich, alle die keine „digital natives“ sind, sollten sich nicht fürchten vor dem digitalen Wandel, sondern die Chancen und Vorteile darin sehen. Denn es gehört zu unserem Leben.